Der Zauber der Einfachheit

«Wir sollten uns alle viel mehr Zeit nehmen. Für gute Gespräche, liebe Freunde, gutes Essen, lange Nächte und unvergessliche Augenblicke. Es sind die kleinen Dinge, die die Seele heil machen.» So steht es auf den Menükarten des Berghauses Planalp und wenn es einen Ort gibt, der die Einladung dazu gleichsam in sich trägt, dann dieser. 


Im Rücken das Brienzer Rothorn, im Blick den Brienzersee und die Oberländer Bergkette, am schönsten zu erreichen zu Fuss, ist dieses Fleckchen Alp eine einzige Hommage ans Ankommen, Verweilen, Geniessen, Sein, ganz besonders im und ums Berghaus Planalp. Die Zimmer erzählen bis auf die Matratzen von anno dazu mal, WC und Lavabo mit kalten Bergwasser warten über den Gang, zwei Duschen mit Warmwasser stehen im Parterre bereit.


Statt Strom und Internetverbindung gibt es Kerzen, Sterne, Stirn- und Taschenlampen, einen Garten mit verschiedenen Bänkchen, Stühlen, Tischen, Liegen, eine Sonnenterrasse mit knarrendem Holzboden und die allerliebste Restaurantterrasse, auf der wir je gesessen haben. 


Ob zum Zmorge, Zmittag, Znacht (Hausgästen wird abends ein Dreigänger serviert, alle anderen werden um vorgängige Reservation gebeten) oder einfach so, weils einen grad gluschtet, zu Kafi, hausgemachtem Nussgipfel oder einem Hacktätschli zwischendurch, es ist eine Terrasse, die das Herz jedes einzelne Mal kurz aus dem Takt bringt, ob der Art, wie Einfachheit und Schönheit hier Hand und Hand gehen. Gleiches gilt für den Garten. Hätte es eines Beweises bedurft, dass weniger tatsächlich mehr ist, er würde an genau diesem Punkt erbracht.


Darum herum finden sich schweisstreibende Wanderrouten ebenso wie verwunschene Bergbachpools, je nach Jahreszeit wild blühende und ebenso duftende Bergwiesen, mit etwas Glück Begegnungen mit der scheuen Fauna und immer und immer wieder ein Panorama, das sich gibt, als wären Superlative allein seinetwegen erfunden worden. Dass sich also Larissa Schiesser und Simone Mathyer, die beiden Planalp-Gastgeberinnen, im Herbst 2019 auf den ersten Blick in den Ort verliebt haben, es erstaunt uns kein bisschen.  


Eigentlich wollten sie sich an besagtem Tag eine andere Lokalität anschauen, wurden dann aber von einer ehemaligen gemeinsamen Vorgesetzten am Vorabend auf die Pächtersuche im Berghaus aufmerksam gemacht. Für die beiden Grund genug, die Pläne im allerletzten Moment zu ändern und sich bei strömendem Regen auf den Weg auf die Planalp zu machen. Eine Entscheidung, die sie nie bereut haben, im Gegenteil. Sie scheinen sich in die Umgebung einzufügen, als wäre sie schon immer für sie bestimmt gewesen.


Den Gästen stellen sie sich bei der Begrüssung mit ihren Vornamen vor und fragen sie sogleich nach den ihrigen, es wird viel gelacht und geschwatzt, in der Gaststube genauso wie in der direkt dahinter liegenden Küche, gleichzeitig aus echtem Interesse nachgefragt, wann immer Zeit dazu ist. Mal packt eine Mutter oder Tante mit an, mal ein Stammgast aus einem der wenigen umliegenden Holzhäuser, dann wieder gwundrige Kinder anderer Gäste.  


Ein Treiben, das anderswo rasch aufgesetzt wirken könnte. Nicht so auf der Planalp. Larissa, Simone und ihr Team sind, wie sie sind. Sich zu verbiegen, um irgendwelchen Erwartungen gerecht zu werden, läge ihnen so fern, wie die sozialen Medien hier oben sind. Ihr Berghaus ist ein Ort der Einfachheit und soll es bleiben. Die Selbstverständlichkeit und Überzeugung, mit der sie ebendies leben, ist berührend und inspirierend zugleich.    

Berghaus Planalp